Freitag, 14. Dezember 2007
All I want for Christmas
...is yoooouuuu (knödel, knödel).
Ja so sieht's aus. Nachdem wir uns jetzt wie durch ein großes vorgezogenes Weihnachtswunder wieder eines normalen und weitgehend streikfreien Tagesablaufs erfreuen können, ist es auch wieder Zeit Euch daran teilhaben zu lassen.
Es ist schon wieder Weihnachtszeit...schon wieder. Nichts gegen Weihnachten, Noel, Navidad, Basek Nadubtsche usw. aber irgendwie scheint das laufend zu sein. Dieses schöne Fest ist durch die ganze schöne Deko und den absoluten Konsum-Hype allerdings so permanent präsent, dass es seit Ende Oktober nichts anderes mehr zu geben scheint. Mal ehrlich, wer von Euch hätte denn im August gedacht, dass dieses Jahr schon wieder Weihnachten ist...und in vier Monaten is Ostern schon wieder rum. Überall die Coca-Cola-Weihnachtsmänner, die Lebkuchen, der Spekulatius (auf den Anja auch schon wieder spekuliert) und die ganze Kitsch-Musik, aber was wäre Weihnachten ohne George Michael als Hetero im Last-Christmas-Video...
Aber lassen wir dem Fest doch auch diese Note. Man darf ja melancholisch werden im Moment. Nicht vergessen, hier gehts grade auch um Besinnlichkeit! Man besinnt sich. Wir beide besinnen uns auch gerne der schönen schönen schönen Heimat. Ein hübsches Wort mit noch hübscherer Bedeutung, besonders wenn man sich bewusst macht, dass es ein Wort mit ähnlicher Bedeutung in anderen Sprachen gar nicht gibt. Nun erklärt einem Franzosen, Engländer, Ami, Japaner, wem auch immer die Bedeutung von Heimat. "Heimat ist dort, wo man sich zu hause fühlt". Aber stimmt das? Wir fühlen uns hier zu hause, aber unsere Heimat ist es nicht. Ich bin, wie ihr alle wisst, da ich nicht müde werde es zu betonen, Saarländer. Aber ist das Saarland meine Heimat? Nein, auch nicht. Herkunft ist auch nicht Heimat. Ich sag Euch was Heimat ist: Ihr seid Heimat, jeder von Euch ein Stück. Mit jedem von Euch verbinden wir dieses verboten gute Gefühl. Grade haben wir versucht, euch alle hier aufzuführen, aber uns wurde ziemlich schnell klar, dass wir definitiv irgendjemanden vergessen würden, was sehr schade wäre. Aber ich bin sicher, Ihr die Ihr das hier gerade lest seid auf jeden Fall dabei. Anja und Ich denken jeder an jeden von Euch. Stellt Euch vor, dass wir abends im warmen Zimmer sitzen, draußen ins Dunkle sehen, und zur Musik von "Guided by Voices" an Euch denken. Ihr werdet uns diesen kleinen sentimentalen Ausrutscher in diesem sonst doch eher sarkastischen Blog verzeihen, aber das musste mal so gesagt werden.
So, aber nun werden die Rührungstränen wieder weggewischt und sich zusammengerissen. Aber trotz aller Spaß, vergesst nicht, worum es am Heilig Abend wirklich geht. Es erwartet ja niemand, dass Ihr alle in die Kirche rennt und lauthals die Weihnachtslieder mitsingt. Aber zumindest kurz über das Heilige an dem Abend nachdenken darf man schon.
Wir wünschen Euch ein ruhiges Weihnachten aber kein gutes neues Jahr. Nicht, weil wir nun doch langsam die Nase voll haben von Euch, sondern weil wir uns bis dahin hoffentlich nochmal lesen oder vielleicht sogar sehen.

Mit herzlichen Grüßen (von ganz weit drinnen)
Anja und Ich

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Montag, 3. Dezember 2007
Russische Zustände
Die Russischen Wahlen sind gestern zu ihrem Ende gelangt und nach den Berichten mehrerer Fernseh- und Radiosender und verschiedener Zeitungen geschah dies nicht ganz so demokratisch wie sich das der ein oder andere gewünscht hätte. Mit diesen Gedanken machten wir uns heute morgen, ähnlich wie viele weitere Studenten, auf, um erneut unsere Meinung zur aktuellen Situation unserer Universität zu äußern. Angesetzt war eine geheime Wahl für alle Studenten, um sich für oder gegen die Wiederaufnahme des Universitätsbetriebs auszusprechen. Eine schöne Sache, wenn man demokratisch seine Meinung äußern darf, da lässt man sich nicht zwei Mal bitten. Weniger schön wird die Sache dann, wenn jeder kompromissbereite Student nicht nur an der Wahl, also der Meinungsäußerung, sondern alleoine schon am Betreten des Wahlbüros gehindert wird. Gehindert wurden wir, und das ist es was das ganze so absurd macht, von den Studenten, die gegen die Wiederaufnahme des Uni-Betriebs sind.
Da mag man ihnen doch laut zurufen: "Wählt doch einfach dagegen!" Aber eine Partei, die die Wahlen blockiert, scheint sich ihrer Niederlage wohl schon vorher bewusst zu sein. Aber ist das noch demokratisch? Das ganze wird langsam zur Farce. Es scheint schon garnicht mehr um den Gesetzesentwurf der französischen Regierung, der den Universitäten erlaubt, sich von Unternehmen unterstützen zu lassen, zu gehen. Nach der letzten elektronischen Wahl war die Meinung der Studenten, die mit ca. 60% für die Wiederaufnahme des Uni-Betriebs stimmten, eindeutig. Dass die blockierenden Studenten dieses Ergebnis anfochten, ist eine ganz eigene Sache, aber dass sie nun die Wahl an sich blockieren ist nicht nur sehr ärgerlich für die Mehrzahl der Studenten, sondern auch äußerst bedenklich für den demokratischen Gedanken an sich.
Dass man sich für seine Rechte stark machen soll und muss ist eine Selbstverständlichkeit, aber diese Freiheit besteht schließlich nur so lange, bis die Freiheit des anderen dadurch eingeschränkt wird. Eine komplizierte Situation. Jetzt, meine ich, ist das Universitätspräsidium gefragt, das bisher nur sehr zögerlich, mit temporärer Schließung der Universität und mehreren bösen Mails, reagiert hat. Allerdings wurde den protestierenden Studenten die Möglichkeit angeboten, bei laufendem Uni-Betrieb, mehrere Orte innerhalb des Campus zum Protest zu nutzen. Weiterhin finden Demonstrationen an verschiedenen Orten in der Stadt statt. Die Öffentlichkeit bekommen sie, die Aufmerksamkeit haben sie. Nun ist es an der Zeit, sich zu positionieren. Geht es hier nur um die Blokade als Selbstzweck? Oder geht es um die Zukunft der Studenten? Mittlerweile ist durch den nun schon knapp vierwöchigen Unterrichtsausfall auch die Wertigkeit des Semesters für die französischen Studenten in Gefahr, was sicherlich die wenigsten hier freuen dürfte. Dass das die Blockierenden nur periphär interessiert, da nur ein geringer Teil davon Studenten zu sein scheinen, ist nur ein weiterer Grund zur Verärgerung. Der Schaden, der von den Unis abgewendet werden soll, wird ihnen von solchen Methoden zugefügt. Wir sind hier nun sehr gespannt, wie die Universitätsführung auf diese weitere Blockade reagieren wird und ob sich die Mehrheit der Studenten das noch lange gefallen lassen wird. Wir halten euch auf jeden Fall auf dem Laufenden.

Gebt die Unis nicht den Unternehmen, aber lasst sie doch bitte den Studenten.

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Montag, 26. November 2007
Immer noch Streik
Ein fröhliches Hallo Euch allen da draußen in der freien Welt.
Hier wird noch immer gestreikt, zumindest wird die Uni noch blockiert. Dass die Mehrheit der Studenten davon langsam nicht mehr begeistert ist, hat sich bei der letzten anonymen Wahl gezeigt, an der wir alle Dank unserer Netzanschlüsse teilhaben durften. Von ca. 25.000 Studenten haben ca. 8.000 ihre Chance zur freien Meinungsäußerung genutzt. Die restlichen beschränken sich nachher sicher lieber wieder aufs meckern... Naja zumindest kommen wir nicht rein in die Uni. Nicht nur theoretisch wird hier blockiert, sondern ganz praktisch sind die Türen mit Stühlen, Tischen und sehr überzeugten Studenten zugestellt. Da kann man nur froh sein, dass man bei der Schließung schon draußen war. Immer noch besser aus- als eingeschlossen. Nun ja, da auch unsere Uni-Präsidentin insofern kleinbei gegeben hat, dass sämtliche Gebäude dann auch offiziell "aus Sicherheitsgründen" geschlossen wurden, haben wir nun unfreiwillig einen großen dicken Haufen Zeit:

In solchen Momenten entsinnt man sich gern unseres eigentlichen Anliegens, welches uns in dieses schöne, wenn auch momentan hitzige, Land verschlug: Unsere Suche nach dem Sinn Frankreichs. Tja und da die Uni zwar zu ist, die Universitätsausflüge jedoch trotz allem durchgeführt werden, haben wir uns aufgemacht ins schöne Beaujolais. Wenn schon Streik, dann wenigstens mit Stil. Der ein oder andere Kenner der französischen Küche oder des französischen Weinkellers wird wissen, dass am 15. November die Ankunft des "Beaujolais Primeur" gefeiert wird. Einem Wein, dem überall auf der Welt Tribut gezollt wird für sein...na für sein...Ja, wofür eigentlich? Wahrscheinlich für den Rummel der darum gemacht wird. Der Beaujolais primeur, heißt dann so, wenn er maximal fünf Tage im Fass gereift ist, falls er in der kurzen Zeit überhaupt schon mal Lust darauf bekommen haben sollte. Schmecken tut man's nämlich, bei Gott, der ja bekanntlich hier wohnt, nicht.

Naja, wir haben uns also mit einer Horde internationaler Studenten, wie wir uns ja nun auch schimpfen dürfen, auf den Weg in diese schöne Region gemacht. Auf dem Programm stand unter anderem eine Weinverköstigung. Hört sich gut an. Nachdem die ungefähr anderthalb Stunden dauernde Busfahrt zunehmend auf Klassenfahrtniveau abzurutschen drohte (man mag nicht glauben, wie sehr japanische Sauflieder nerven können), machte sich der ein oder andere schon Sorgen, dass man bei der folgenden Weinverköstigung eventuell einen schlechten Eindruck auf die einheimischen Winzer machen könnte. Diese Angst war jedoch völlig unberechtigt. Sowohl der Ort, als auch die Veranstaltung der Verköstigung selbst, schienen genau auf ein solches, vorsichtig ausgedrückt, vollkommen geistig degeneriertes Publikum ausgelegt gewesen zu sein. Sollte das etwa der studentische Ruf sein? Die 3 Stunden dauernde Weinverköstigung bestand aus einer fünfminütigen Erklärung des Prozesses der Weingewinnung ("Das da sind die Fässer, hier kommt der Wein raus."), zwei Stunden sehr lustigen Spielen, wie "Versuche mit dem Stift am Faden die Flaschenöffnung zu treffen" und ähnlichen Partyknallern und einer knappen Stunde Verkaufsveranstaltung für den leckeren Wein... Während der schönen Spiele, hatte der eher etwas abgeneigte Student Zeit, sich den Wein zu Gemüte zu führen. Nachdem ein spanischer, übrigens sehr netter, Student zwei Korken in den Flaschen versenkt hatte (zugegeben, er hatte Gegenwind und der Korkenzieher war kein Profiöffner), mussten die Deutschen den Öffnungsprozess in die Hand nehmen. Nach schnellem problemlosen Entfernen des Korkens aus dem Flaschenhals und kurzer Beratung kamen wir darauf: Der Spanier hatte wahrscheinlich gedrückt statt gezogen. Das passiert den besten. Aber als der edle Traubennektar unsere Lippen befeuchtete, kam die Überraschung: Schmeckt nicht. Auch als Laie weiß man, dass man Rotwein nicht kalt zu sich nimmt. Ja, der Kenner mag behaupten, dass der Beaujolais primeur und überhaupt sehr junger Wein gerne auch kälter kredenzt werden. Aber ich behaupte hier, und stelle mich jeglicher Kritik, dass dieser Wein nur noch aufgrund seines Alkoholgehaltes nicht gefroren war. Das ist einem aber zum Glück nach dem vierten Glas egal. Nachdem dann 60 Studenten die 6 Flaschen geleert hatten (da erkennt man doch sofort die Rechnung) und den typisch französischen Käse, der sich als gewürfelter Emmentaler entpuppte, verschlungen hatten und trotzdem keiner Lust hatte sich eine Flasche dieses Nektars der Natur für 27€ zuzulegen, begaben wir uns, nach kurzem Umweg über die Toiletten, wieder in den Bus. Die nächste Station war ein ganz tolles altes Dorf, sogar mit irgendeinem Bezug zum Mittelalter. Dort gabs dann "pique-nique hors du sac", also selbstmitgebrachtes Picknick, was wirklich den Höhepunkt des Tages darstellte. Picknick aus dem Sack...Erinnert sofort an das Kindermärchen "Knüppel aus dem Sack". Der Knüppel wäre auch nicht schlecht gewesen; damit hätte man sich ein bis zweimal kräftig auf die hohe Stirn hauen können, um dann den Rest des Ausflugs in seeliger Umnachtung zu verbringen. Nach dem Besuch in diesem absolut einzigartigen Dörfchen, fuhren wir weiter. Auf dem Weg zu unserem nächsten und letzten Ausflugsziel durchfuhren wir nochmal ein paar kleine Dörfchen, die unserem absolut einzigartigen vorher besuchten Dörfchen allerdings doch sehr ähnlich sahen. Aber wer weiß, vielleicht sind wir ja auch im Kreis gefahren. Unser nächstes Ziel war ein Haus, oder so, welches einem sehr sehr linken Künstler gehört, oder auch nicht, "es gehört allen". Dieser hat es in den letzten zwanzig Jahren in Schwerstarbeit schwarz angemalt. Aber der künstlerische Gedanke zählt schließlich. Er erzählte uns viel über Chaos, Anarchie, die böse Staatsgewalt und den noch böseren Kapitalismus. Als er uns durch den Innenhof seines Anwesens führte fiel ihm wohl selbst am wenigstens auf, dass die beiden Jeeps und der Jaguar nicht so ganz in das Bild passten, was er uns zu vermitteln versuchte. Aber wer weiß, vielleicht will er damit ja den ein oder anderen Kapitalisten überfahren. Als wir auch aus diesem Kelch, der da eigentlich an uns hätte vorübergehen sollen, geklettert waren und wieder im Bus saßen, traf uns zum einen Müdigkeit und zum anderen die Gewissheit, dass das der letzte universitäre Ausflug für dieses Jahr sein sollte.
Fragt sich jetzt, wann der Streik denn nun endlich vorbei sein wird. Einige Franzosen, die dieses Prozedere wohl schon kennen, haben uns vorgewarnt, dass das gut und gerne auch mal 6 Wochen dauern kann, bevor dann wieder weitergehen kann. Das wären dann ja jetzt nochmal vier Wochen nix. Aber dann ist ja wenigstens Weihnachten. Da haben wir ja regulär frei. Hoffentlich streikt der Weihnachtsmann nicht...
Na was soll man tun. Und wenn's uns dann doch wieder langweilig wird vor lauter Freizeit? Naja, vielleicht machen wir dann mal n Ausflug. Mal sehn vielleicht bietet die Uni ja was an...

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Donnerstag, 15. November 2007
Streik
Guten Morgen...

Guten Morgen? Und das Mitten in der Woche? Warum sind die nicht in der Uni und bilden sich, wird sich der ein oder andere Fragen. Tja, hier wird gestreikt. Allerdings streiken weder die Öffentlichen, noch das Lehrpersonal, sondern, man mag es gar nicht glauben, die Studenten. Also zumindest ein Teil. Und dieser Teil, blockiert von morgens bis abends sämtliche Eingänge zur Uni. Vorläufig führt das zu sehr verfrühten Ferien. Prinzipiell ist ja nichts gegen ein wenig Freizeit einzuwenden, aber wenn sämtliche Uniarbeit wegfällt, muss man doch zusehen, das einem der Himmel nicht aufs Denkorgan fällt.
Warum wird gestreikt...? Ich glaube ja immer noch, dass die Franzosen es einfach nicht auf sich sitzen lassen wollen, dass sie momentan keinen so tollen Streik haben wie wir mit unseren deutschen Lokführer.
Nun ja, es gibt schon einen Grund zur Unzufriedenheit, zumindest gibt es den vielleicht in Zukunft. Und zwar hat die französische Regierung einen Gesetzesentwurf verfasst, der es Unternehmen ermöglicht sämtliche öffentlichen Universitäten in einem Maße finanziell zu unterstützen und in wichtige Entscheidungen der Unis einzugreifen, dass man berechtigterweise Angst vor plötzlichen horrenden Studiengebühren bekommt und sich auch sehr große Sorgen um die unabhängige Bildung macht. Wenn dem Franzosen etwas nicht passt wird eben nicht totgeredet, sondern etwas getan. Dass dabei leider immer auch ein Haufen hirnverbrannter Chaoten mitmischt, die weder selbst studieren, noch das Wort Universität buchstabieren können, und passive Proteste zu handfesten Auseinandersetzungen verkommen lassen, ist mehr als Schade. Das wirft natürlich kein gutes Licht auf die ganze Aktion.
Beeindruckend ist auf jeden Fall zu sehen, wie das Volk, und im Moment allen voran die Studenten, seinem Unmut Luft macht, auf die Straße geht und ganz offen seine Unzufriedenheit zeigt. Da möchte man uns deutschen Studenten gerne zurufen: "Bewegt Euch!". Aber wir meckern wahrscheinlich einfach zu gerne, als dass man an schlechten Zuständen etwas ändern möchte. Worüber sollte man denn dann noch meckern. Schließlich ist es ja nicht unsere Schuld, dass die Welt ist wie sie ist...aber definitiv ist es unsere Schuld, wenn sie so bleibt (frei nach BelaFarinRod). Es liegt bei uns. Die französische Streikkultur in Ehren!
...aber übertreiben kann man's auch. Zurück zu den Lokführern: Die französischen Kollegen streiken nächste Woche hier auch, weil man ihnen das Recht auf vollen Rentenbezug ab 50 abnehmen möchte...
volle Rente, ab 50...und die restlichen statistischen 30 Jahre wird sich dann über die gestiegenen Bahnpreise aufgeregt.
Obwohl, die Bahnpreise sind hier im Moment noch mehr als in Ordnung. Für den Preis von Leipzig nach Magdeburg, kommt man hier von Paris nach Marseille und wieder zurück, oder so ungefähr. Dafür müssen die Kontrolleure allerdings doofe violette Uniformen tragen, die Farbe des Wahnsinns. Obwohl die eigentlich höchstens wahnsinnig nett sind. Aber wer weiß... Letzte Woche wurden wir uns ganz plötzlich bewusst, dass wir sogar einen französischen Netzzugang haben: Der hat auch gestreikt. Aber wohl eher nicht aus ideologischen Gründen. Ist ja auch egal...

Good old Germany, home sweet home, wir freun uns schon auf dich, die Uni und Leipzig. Und wenns uns doch einmal wieder zu stressig werden sollte im schönen Ländle...
...dann streiken wir einfach.

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Freitag, 19. Oktober 2007
Kulturschöcker
Man sagt ja, wenn man in einem anderen Land lebt, wird man nach einer gewissen Zeit, in der man alles neu und aufregend fand, von dem ein oder anderen Kulturschock heimgesucht. Nun, bei mir ist es nun soweit. Versteht mich nicht falsch, Lyon ist toll und es gefällt mir hier. Die französische Kultur ist ja auch der deutschen nicht so fern wie es die japanische zum Beispiel wäre, aber es gibt doch kleine, aber feine Unterschiede, die das eine oder andere kleine Schöckchen auslösen. Und dabei meine ich nicht fromage, baguette, vive la France oder Allez les Bleus. Wobei...zugegebenermaßen ist sehr reifer, schrumpelig-merkwürdiger Käse mit zentimeterdicken Schimmelschichten - verkauft als Delikatesse - auch eher gewöhnungsbedürftig für den flecke- und saumagengeprüften deutschen Gaumen. Vom Brot brauchen wir gar nicht erst reden - Sonnenblumenvollkorn -und Graubrot ich liebe euch! Naja, aber Baguette hat schon was für sich, ist halt eben sehr französisch. Ok, wenden wir uns mal vom Kulinarischen ab - ist ja eh Geschmackssache - und weniger appetitlichen Themen zu. Da wäre zum Beispiel dieser Geruch. Er weht dem Spaziergänger manchmal aus Metroschächten, Hauseingängen und Einfahrten entgegen: Pipigeruch! Brrr, schüttel. Nicht überall, aber manchmal halt schon. Zugegeben - die Franzosen pinkeln nicht an ihre Hauswände, aber Einwanderer, Kinder und Penner schon (Penner, les clochards, im übrigen sind in Frankreich durchaus geachtet, sie gelten als Aussteiger aus der Gesellschaft, die sich bewusst dafür entschieden haben und sind nicht wie bei uns der Abschaum). Sehr unangenehm ist der Geruch an warmen Spätsommertagen, wenn er sich mit dem Odeur des Mülls vermischt, welcher im Verhältnis zu Deutschland doch häufiger mal auf der Straße landet. Das führt zur nächsten Eigenartigkeit. Alle zwei Tage werden hier in Lyon die Hydranten aufgedreht und mit sehr viel Wasser die Straßen und Fusswege abgespült. Und irgendwie ist das bei den ganzen Häufchen (Wie wärs mal mit Hundesteuer, Monsieur Sarkozy? Aber in Ihrem Paris gibt es ja auch die crottomobiles, die aussehen wie der Staubsauger bei den Teletubbies, die dann die Häufchen wegsaugen) und dem Müll auch nötig. Morgens auf dem Weg zur Arbeit oder zur Uni plitscht und platscht es der vornehmen Lyonnerin dann um die sündhaftteuren Lederpumps, aber hey, in Häufchen tritt man dann nicht mehr. Aber sagt mal, liebe Lyoner (und hier ist nicht die Wurst gemeint, die man übrigens in Lyon gar nicht kennt), schonmal was von Ressourcenverschwendung gehört? Gut, ihr habt zwei Flüsse...hm, die auch noch stark verschmutzt sind.Hm, womit gießen die Winzer wohl ihre Trauben für den beliebten Beaujoulais, wenn es mal nicht genug regnet? Je ne sais pas! Dafür sind alle zwei Tage morgens für zwei Stunden die Straßen sauber (ich gebe zu, dass ist wirklich eine sehr deutsche Einstellung, aber so sind wir halt), bevor der Müll wieder auf die Straße wandert, anstatt in das tolle Recyclingsystem - ach nee, sowas gibts hier ja auch nicht (höchstens freiwillig und warum sind wir dann die einzigen, die das machen, wenn es dem Rest Europas so egal ist?)! Dafür ist der Atomstrom so schön billig! Aber mal noch zu einem anderen Kulturschöckchen: französisches laissez-faire! In Deutschland würde man vielleicht sagen "Komm ich heut nicht, komm ich morgen". Irgendwie kann ich mich daran noch nicht gewöhnen, pas du tout. Ein kleines Beispiel: laut Mietvertrag dürfen wir alle 14Tage Bettwäsche und Handtücher wechseln. Also öffnet das Wäschelager zweimal die Woche für ca. zwei Stunden, was dann ein paar Tage vorher per Aushang bekanntgegeben wird. Leider liegen die Zeiten oft etwas ungünstig, und ausgerechnet da, wenn wir noch Uni haben. Also beeilten wir uns letzten Dienstag um noch vor 19Uhr zu Hause zu sein. Hechelnd stürmten wir mit unserem Wäscheberg zur Ausgabe und standen vor verschlossenen Türen - und das 20min vor Ablauf der angegebenen Zeit! Einfach den Laden schließen, obwohl man vorher großmoglich Öffnungszeiten dran schreibt, gäbe es in Deutschland nicht! (Ja, wir sind diesbezüglich doch sehr verwöhnt) Ach übrigens, solltet Ihr mal in Frankreich auf eine öffentliche Toilette gehen wollen, versichert Euch vorher (!!!), dass Papier IN der Kabine ist, andernfalls hängt es wohl VOR der Tür. Kann unangenehm werden, wenn man als Frau nicht sowieso nur ein Loch im Boden vorfindet, wenn man die Kabine betritt. Ist so eine komische französische Eigenart. Ich weigere mich bis jetzt erfolgreich, soetwas zu benutzen! Apropos weigern! Der Franzose an sich liebt es ja zu streiken, zum Beispiel in den öffentlichen Verkehrsmitteln, gestern sogar in ganz Frankreich. Aber irgendwie haben wir nicht viel davon gemerkt. Nur waren die Métrobahnen irgendwie leerer als sonst. Das ist ziemlich merkwürdig, weil vorher ein großes Trara darum gemacht wurde. Die meisten sind wohl auf andere Fortbewegungsmittel umgestiegen. Also, entweder die Lyoner TCL-Angestellten sind zufrieden oder der Streik war irgendwie ein Witz, haha.
Nun, das waren erstmal ein paar von den französischen Eigenartigkeiten. Aber sonst ist es hier wirklich ganz toll und wir fühlen uns wohl. Man sollte nicht so viel meckern.Besonders dann nicht,wenn man hier fantastischen (anderen als den schimmligen) Käse, Wein und neuerdings auch Pastis (ouzoartiges, nicht ganz so starkes Anisschnapsgetränk) genießen kann. Und die kleinen Kulturschöckchen werde ich wohl überwinden. Ist das ein erster Anflug von laissez-faire? Juppie! Ja, ich liebe Frankreich trotz dieser merkwürdigen Dinge. Oder gerade weil? Nein, eher trotzdem.

Dat liebe Änschä

PS: Wusste Ihr, dass die First Lady nicht die Scheidung einreichen darf, solange ihr Mann Präsident ist, es sei denn ihr Göttergatte stimmt zu? Tja, Madame Sarkozy, überlegen Sie es sich gut und denken Sie dann mal über liberté, égalité und fraternité nach. Vive la France!

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Freitag, 21. September 2007
Urlaub zu Hause
Falsch, nicht in Deutschland. Für das kommende Semester ist Lyon unser zu Hause. Das ist lange genug, um sich heimisch zu fühlen, die Sprache aufzufrischen und die Annehmlichkeiten zu genießen, in einer der schönsten Städte in Frankreich zu leben aber zum Glück zu kurz um die Stadt zu etwas Alltäglichem verkommen zu lassen. Anlässlich des „Jour du Patrimoine“, dem „Tag des architektonischen Erbes“, haben wir uns heute einmal etwas gegönnt. Vormittags waren wir auf dem Wochenmarkt, ein tolles Erlebnis: Ein veritables Meer von Gerüchen, Farben und Rufen von Standbesitzern, die ihre Ware anpreisen. Und die haben es in sich: Gemüse, Früchte, Wurst und Käse, Handwerkskunst, Bilder und Töpferware, Nüsse und Gewürze. Wer hier nichts findet, findet nirgends etwas.

Ein Gang über den Markt und man hat ein leckeres, gesundes und billiges Mittagessen für drei Personen in der Tasche (Drei? Ja drei. Nein, wir haben keinen Nachwuchs, aber einen sehr netten neuen Bekannten zum Essen eingeladen): Kartoffeln (ich wusste gar nicht wie kartoffelig die schmecken können), frische knackige grüne Bohnen, ein paar Schalotten und Räucherschinken. Genügend für, wie gesagt drei Personen und der Preis hielt sich mit ziemlich genau 6€ auch sehr in Grenzen. Und übrig war auch noch was. Ach, wäre doch nur jeden Tag Markt.
Nach dem vorzüglichen Mittagessen, hatten wir die Idee, eine, heute ermäßigte, Bootstour über die Saône und die Rhône zu machen. Auf dem Weg dorthin, haben wir noch ein paar, ebenfalls sehr liebe, Freunde, die sich am Rhôneufer gesonnt hatten, eingesammelt.

Die Tour war sehr schön. Vor allem dank des Wetters, das für diese Gegend normal zu sein scheint. 25°C im Schatten und strahlender Sonnenschein…und wir haben Mitte September.
Zum Ausklang des Tages sitzen wir jetzt zu hause, lecken ein bis zwei Eis und lesen Zeitung. Und sogar hier gibt’s fast nur gute Nachrichten: Zwar wird das Baguette wieder teurer, aber dafür hat Olympique de Lyon den letzten Gegner (Metz) mit 5 zu 1 nach Hause geschickt. Die Reste unseres Mittagessens werden wir nachher auch noch kredenzen. Ein schöner Abschluss für einen wunderschönen Tag.
Morgen fängt die Uni an.

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Multi Kulti Franki Reichi
Multikulti… Prinzipiell nicht verkehrt, aber gestern hatten wir eine Begegnung der dritten Art. Wir, das heißt ein paar gute Bekannte, Anja und ich, saßen sehr entspannt am wunderschönen Rhône-Ufer in der Sonne und ließen uns selbige auf unsere neu-französischen Köpfe scheinen. Plötzlich, völlig unerwartet, kam eine junge Frau auf uns zu und schien eine Frage zu haben (sie hatte einen Busfahrplan in der Hand). Das allerdings war nur ein ganz fieser Trick um unsere Aufmerksamkeit zu erregen. Einer jungen Dame, die augenscheinlich eine Frage zum Verkehrssystem hat, antwortet man schließlich gerne. Aber sie hatte anscheinend ein weniger weltliches Anliegen und meinte, sie wolle gern mit uns über die Welt und das Leben sprechen. Ein höfliches „Non, merci.“ überhörte sie jedoch galant. In der Hoffnung, sie vielleicht doch noch loszuwerden, bevor die Situation für beide Seiten unangenehm werden würde, informierten wir sie nochmals über unsere Unlust uns mit ihr über ähnlich tief schürfende Themen zu unterhalten. Leider erfolglos. Als auch der dritte Versuch, der dritte höfliche Versuch, sie zum Aufgeben zu bewegen, fehlschlug, beschlossen wir, sie zu ignorieren und unterhielten uns weiter in unseren Muttersprachen. Das jedoch schien unser größter Fehler an diesem Tag gewesen zu sein, da sie von diesem Moment an die Beleidigte spielte und versuchte, uns mit Provokationen in eine Diskussion zu verwickeln. Nicht nur das wir unhöflich seien, nein, auch hätten wir keine Ahnung, was es für Konsequenzen für uns hätte, wenn wir ihr nicht zuhören würden. Nun ja, das Argument, dass auch ihre ungefragte Aggression uns gegenüber nicht als höflich zu bewerten wäre schien sie wenig zu interessieren. Als sie uns ernsthaft fragte, ob sie uns bezahlen müsse, damit wir ihren sicherlich interessanten Ausführungen zuhören, konnten wir uns die Gegenfrage nicht verkneifen, ob wir sie den bezahlen müssten, damit sie uns endlich in Ruhe lasse. Hart aber nicht anders zu bewerkstelligen. Mit bösen Blicken, einigem Gezeter und der Drohung, dass wir ihr keine Wahl gelassen hätten und wir nun am Tag des letzten Gerichts schuldig gesprochen werden würden, suchte sie das Weite. Das haben wir ja toll hingekriegt. Ein ganzes Leben versaut in fünf Minuten.

Glaubensfreiheit ok,
aber doch auch für mich...

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Freitag, 31. August 2007
Nous voilà
Manch einer hatte die Hoffnung ja schon verloren, aber wir sind endlich weg, oder da…wie man’s nimmt. War ja auch schwer genug. Weniger die Reise an sich als die Koffer. Man packt einfach immer zuviel ein. Aber besser zu viel als zu wenig… So was sagt man aber auch nur bevor man den Mist auch schleppen muss.
Na egal, auf jeden Fall sind wir jetzt hier und haben auf dem Weg hierher nichts Wichtiges verloren. Allerdings haben wir hier in Lyon schon etwas gewonnen. Und zwar die Erkenntnis, dass man die Wohnungstür auch von innen absperren sollte. Heute Morgen stand ein netter Mensch in unserem Flur und wollte, nicht ahnend, dass die Wohnung nicht mehr unbewohnt ist, beginnen, unsere Küche zu putzen. Prinzipiell ist das ja nicht verkehrt, aber wir lagen, ebenfalls nichts ahnend, noch im Bett. Auf unsere Nachfrage, was er denn hier mache und sichtlich überfordert, verließ er fluchtartig unser Appartement. Kurz darauf kam er dann mit seinem Vorgesetzten wieder, der uns erklärte, dass es sich um ein Missverständnis gehandelt habe und unsere Küche und unser Bad schon vor unserer Ankunft hätten geputzt werden sollen. Tja, das hatten wir bis dahin schon erledigt. Deutsche Gründlichkeit.
Ja, bis auf den Punkt, dass wir die Wohnung erst einmal selbst säubern mussten, war unsere Ankunft jedoch ganz angenehm. Endlich konnten wir uns um die Aufenthaltsgenehmigungen kümmern. Nachdem wir allerdings von einem Amt zum andern geschickt wurden und schließlich endlich am richtigen Ort in der Warteschlange standen, kam die Information, dass die ausländischen Studenten des neuen Semesters bitte erst in der nächsten Woche an einer anderen Adresse erscheinen sollten. Von wegen deutsche Demokratie.
Aber über diese Strapazen tröstet uns die französische Küche mehr als hinweg: Lecker Baguette, prima Käse (sagt zumindest Anja, mir riecht der zu streng) und die gute alte Orangina.
Einkaufen waren wir auch schon, alles was man so braucht und nicht gleich in der Wohnung hat: Einen Wäschetrockner, Bügelbrett usw… Von allem nur das billigste; muss ja schließlich nur ein halbes Jahr halten.

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